Algerien

Algerien

Algerĭen oder Algier (spr. alschihr), seit 1830 franz. Kolonie (Generalgouvernement) an der Nordküste Afrikas [Karte: Afrika I], südl. bis in die Sahara reichend, 890.000 qkm, zerfällt in das Tell im N., ein fruchtbares Gebirgsland; die steppenreiche Hochebene, in der Mitte mit großen Salzsümpfen (Schotts); den Großen Atlas (Dschebel Aurês 2328 m), mit langen, gewundenen Defilees, Bâb oder Tore genannt, die nach S. zu in die von Dattelpalmenoasen unterbrochene Wüstenregion der Sahara führen. Von den Flüssen, worunter Tafna, Scheliff, Masafran, Kebir und Seybouse, ist keiner schiffbar. Die (1901) 4.801.475 E. bestehen aus mohammed. Berbern (Kabylen), Arabern (Beduinen) und Mauren (Mischvolk), ferner aus Juden (57.132) und Europäern, namentlich Franzosen (358.174), Spaniern und Italienern [Tafel:Menschenrassen II, 34 u. 36]. A. zerfällt (seit 1902) in das eigentliche A. mit den 3 Prov. (Departements) Algier, Constantine, Oran, zusammen 199.970 qkm, 4.441.515 E., und die Südterritorien, 690.000 qkm, 359.960 E.; an der Spitze steht ein Generalgouverneur. Handel s. Beilage: Afrika. Länge der Eisenbahnen 1903: 3094, der Telegraphenlinien 1902: 11.756 km. In A. steht das 19. Armeekorps. Hauptstadt Algier.

Geschichte. Seit dem Sturz Karthagos 146 v. Chr. dem Röm. Reich einverleibt, gehörte A. zu den Prov. Africa (später Numidia), und Mauretania Cäsariensis und stand in höchster Blüte. Durch das Eindringen der Vandalen 429 und der Araber im 7. Jahrh. sank es wieder in den Zustand der Barbarei zurück. Um 935 erbaute der arab. Fürst Zeiri Algier, seine Nachkommen herrschten über A. bis 1148, nach ihnen die Almohaden bis 1269; dann zerfiel es in mehrere kleinere Gebiete. 1492 siedelten zahlreiche aus Spanien vertriebene Mauren und Juden nach A. über Gegen die darauf eindringenden Spanier zu Hilfe gerufen, bemächtigten sich 1516 türk. Piraten unter Horuk Barbarossa des Landes; nach Horuks Enthauptung 1518 wurde dessen Bruder Cheir eddin zum Sultan ausgerufen; er stellte sein Reich, um die Spanier zu vertreiben, 1520 unter die Oberhoheit des Sultans Selim I. Unter ihm blühte das Seeräuberwesen empor, welches von Kaiser Karls V. verunglücktem Zuge (1541) an jahrhundertelang von den christl. Mächten (England 1655 und 1669, Frankreich 1683 und 1687) bekämpft wurde. Seit 1600 teilte ein von den Janitscharen gewählter Dei die Gewalt mit dem türk. Pascha; Dei Baba Ali (seit 1710) machte sich unabhängig vom Sultan und errichtete eine Art Militärrepublik. Die große span. Expedition gegen A. von 1775 war erfolglos. Nordamerika erzwang 1815 durch einen Seesieg Anerkennung der Unverletzlichkeit seiner Flotte, England 1816 durch Bombardement der Stadt A. die Freilassung vieler Christensklaven, konnte aber die Seeräuberei nicht unterdrücken. Infolge der Verletzungen ihrer Flagge und Beleidigung ihres Konsuls beschlossen die Franzosen 1830 eine Expedition; 14. Juni landeten 37.000 Mann unter General Bourmont und belagerten A. 5. Juli kapitulierte der Dei Hussein unter der Bedingung freien Abzugs. Doch allenthalben erhoben sich eingeborene Stämme; an ihrer Spitze stand als gefährlichster Gegner Abd el-Kader (s.d.), der sich durch zahlreiche Siege in den Verträgen von 1834 und 1837 Anerkennung als Beherrscher der westl. Gebiete verschaffte. Erst mit der Eroberung von Constantine begann die wirkliche Erwerbung des Binnenlandes und ward durch den Sieg des Generals Bugeaud über die Marokkaner am Isly (14. Aug. 1844) und Abd el-Kaders Gefangennahme (22. Dez. 1847) befestigt. In den folgenden Jahren wurde die Kolonie organisiert; die Eroberungen nahmen ihren Fortgang, doch hatten die Franzosen noch oft Aufstände der eingeborenen Bevölkerung zu bekämpfen.


http://www.zeno.org/Brockhaus-1911. 1911.

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